Als Indien Ende März einen strikten Lockdown zur Eindämmung von Covid-19 verhängte, kam das öffentliche Leben in weiten Teilen Indiens zum Erliegen. Trotz steigender Coronazahlen wurde Ende Mai der Lockdown grösstenteils aufgehoben. Damit können auch die Usthi Projekte ihren Betrieb teilweise wieder aufnehmen. Ob die Schulen bald wieder öffnen können ist noch nicht klar und Sache der einzelnen Staaten.
Nur vier Stunden blieb der indischen Bevölkerung um sich mit dem Nötigsten einzudecken, als am 24. März 2020 Premierminister Narendra Modi den Lockdown ankündigte. Die Massnahmen trafen besonders die Ärmsten im Land. Unzählige Tagelöhner und Tagelöhnerinnen verloren ihre Arbeit und standen von heute auf morgen vor dem nichts. Auch die meist alleinerziehenden Mütter der von Usthi unterstützten Schulkinder in Hyderabad verloren ihr Einkommen. Ihnen konnte Usthi gemeinsam mit dem Partner vor Ort dank grosszügiger Spenden mit einer Nothilfeaktion helfen.
Auch die Usthi Projekte mussten in dieser Zeit den Betrieb fast vollständig pausieren. Ende Mai wurde der Lockdown dann trotz steigender Covid-19 Fallzahlen aufgehoben, um eine weitere Talfahrt der indischen Wirtschaft zu verhindern und die sozial verheerenden Folgen für die Bevölkerung zu minimieren. Mit dem Ende des Lockdown können auch die Projekte den Betrieb langsam wieder aufnehmen.
In Hyderabad, wo Usthi Schulkinder finanziell und mit Nachhilfeunterricht unterstützt, geht man aktuell davon aus, dass frühestens im Juli wieder mit physischem Unterricht zu rechnen ist. Bis dahin soll aber Fernunterricht stattfinden und die 10. Klässer, die in unseren Wohngemeinschaften leben, bereiten sich selbständig auf ihre Abschlussprüfungen vor. Die Berufsbildungsprogramme dürfen ab dem 1. Juli wieder starten. Bis dahin können hoffentlich auch alle Mädchen und jungen Frauen, die das Frauenhaus aufgrund behördlicher Anordnung verlassen mussten, ihren Aufenthalt in den Wohngemeinschaften und ihre Berufsbildung fortsetzen. Auf das aktuelle Projektjahr fand zudem ein erneuter Ausbau statt, welcher nun zusätzlichen Frauen einen Aufenthalt in der Wohngemeinschaft für Opfer von sexuellem Missbrauch ermöglichen wird.
In West-Bengal und Odisha, wo sich die drei Usthi Schulen befinden, stand das öffentliche Leben wie in ganz Indien still und Geschäfte und Schulen mussten schliessen. In Odisha wurde bereits Anfang Mai die Bewegungsfreiheit wieder erhöht, da durch den Lockdown grosse Versorgungsenpässe entstanden waren. Angehörige aller Gesellschaftsschichten erwerben ihre Lebensmittel täglich direkt bei den Bauern oder Händlern. Durch die Einschränkungen kam es zu einer mangelhaften Versorgung der Bevölkerung mit frischem Obst und Gemüse. Um die tägliche Versorgung wieder zu gewährleisten, mussten bereits vor Ende des Lockdowns Lockerungen vorgenommen werden.
Nachdem die Geschäfte Ende Mai dann in beiden Teilstaaten wieder öffnen durften, ist noch nicht klar, wann die Schulzentren den Unterricht wieder aufnehmen können. Usthi hofft, dass der Bildungsrückstand nicht so gross wird, da der Lockdown zu einem Grossteil auf die grundsätzlich langen Sommerferien fiel. Wann immer möglich wird den Schülern und Schülerinnen Unterrichtsmaterial für das Selbststudium zur Verfügung gestellt.
In Kolkata tobte während dem Lockdown zusätzlich der Zyklon Amphan. Der Sturm hat auf dem Gelände der Ananda Schule durch entwurzelte Bäume und starke Regenfälle für Schäden gesorgt. Die Familien der Schulkinder verloren teilweise Hab und Gut. Sie wurden kurzfristig durch staatliche Lebensmittelpakete unterstützt. Usthi hofft, dass der Schulbetrieb in den drei Schulzentren Ananda, Penthakata und Thaddeus nach den Sommerferien wieder starten kann und damit neben der Schulbildung auch eine Grundverpflegung der Kinder gewährleistet werden kann.
Auch der Betrieb der Kleinkindbetreuung im Rahmen des Health and Education Projects HEP in der Urwaldregion Somagiri war aufgrund behördlicher Massnahmen nicht mehr möglich. Da aber die Angestellten des Gesundheitsnetzwerks und des HEPs aus den betroffenen Gemeinden stammen, konnten sie vor Ort weiterhin Unterstützung im Gesundheits- und Hygienebereich leisten. Nach ersten Lockerungen kann die Betreuung nun schrittweise wieder aufgebaut werden. Um weniger Kinder auf einmal zu betreuen, wird mit zwei Schichten pro Tag gestartet. Durch die Nähe des Tribal Health Centers kann die Gesundheit der Kinder gut überwacht werden. Zu ihrem Schutz wurden handgemachte Masken angefertigt.
Das Urwaldspital konnte den Betrieb auch während des Lockdown normal weiterführen. Durch die eingeschränkte Bewegungsfreiheit in den umliegenden Dörfern sank aber die Anzahl der Konsultationen wesentlich. Nach dem Lockdown suchten wieder mehr Patienten das Spital auf. Da die Menschen in der Region sehr einfach leben, werden sich die Dörfer schneller vom Lockdown erholen als urbane Gebiete. Usthi geht deshalb davon aus, dass die beiden Projekte in der Urwaldregion Somagiri in kurzer Zeit zur Normalität zurückfinden werden.
Man kann nur schwer erahnen, wie sich die Covid-19 Situation in Indien weiter entwickelt. Aktuell geht man von weiterhin steigenden Zahlen aus. Usthi wird gemeinsam mit dem Partner die Situation regelmässig diskutieren und gegenenfalls Anpassung in der Durchführung der Projekte vornehmen müssen und hofft auch in dieser schwierigen Zeit den Einsatz für Bildung, Gesundheit und Schutz weiterführen zu können.